Aus der Selbstständigkeit ins Angestellten-Dasein: Tipps für die erfolgreiche Selbstvermarktung im Vorstellungsgespräch

So manch ein Traum von der beruflichen Selbstständigkeit wird von der Realität auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt: „Der eigene Chef sein“ – wir reizvoll dieser Gedanke klang, bis man feststellte, dass die neuen Chefs „Kunden“ heißen und nicht weniger anspruchsvoll sind, als der ggf. frühere Büro-Vorgesetzte. Und dass aus dem Wunsch nach selbst eingeteilter Arbeitszeit eine ständige Erreichbarkeit wurde, hatte man sich ebenfalls anders vorgestellt. Nicht zuletzt scheint ein regelmäßig eingehendes Einkommen doch besser für den Schlaf zu sein, als ein Hangeln von Auftrag zu Auftrag – kurzum: Es kann Gründe geben, die Selbstständigkeit – wieder oder erstmals – gegen einen Angestellten-Job einzutauschen.

Dann allerdings gilt es, im Vorstellungsgespräch besondere Vorbehalte seitens potenzieller Arbeitgeber argumentativ abzuräumen, denn Arbeitgeber und „Chefs von morgen“ reagieren oft skeptisch auf Menschen, die langjährig ihr eigener Chef waren.

Dabei haben Bewerber (m/w), die lange freiberufliche oder gewerbliche Einzel-Unternehmer waren, handfeste Stärken, die sie von anderen Kandidaten abheben – und den skeptischsten Personalverantwortlichen überzeugen sollten:

Was haben Sie aus der Zeit Ihrer Selbstständigkeit gelernt?

In manchen Branchen ist die Lernfähigkeit als Anpassungsfähigkeit mittlerweile ebenso wichtig wie bereits mitgebrachtes Fachwissen: Die Halbwertszeit von Fachwissen in der IT, wo sich bspw. Software-Anwendungen (Versionen) oft ändern, ist ein Parade-Beispiel. Daher fallen auch abgewandelte Versionen der Frage, wie „Was haben Sie im letzten halben Jahr Neues gelernt?“, mittlerweile häufig im Vorstellungsgespräch fallen. Kurz gesagt: Nutzen lassen sich alle Stärken und Erfahrungen nennen, die man in der Selbstständigkeit gewonnen hat.

Wie können Sie Ihre Leistungen nachweisen?

Als Mitarbeiter (m/w) erhält man ein Arbeitszeugnis, das man Bewerbungen beilegen kann, um die eigenen Leistungen zu verdeutlichen. Doch nach der Selbstständigkeit? Man kann sich selbst schließlich kein Zeugnis ausstellen. Das ist aber auch nicht nötig: Selbstständige haben schließlich mit Kunden (m/w) zusammengearbeitet, die sie um ein Referenzschreiben bitten können. Das zählt in dem Fall genauso – sollte allerdings auf Stärken abzielen, die man im neuen Job braucht.

(Vermeintlich) mangelnde Teamfähigkeit

Gerade Selbstständige brauchen ein hohes Maß an sozialer Kompetenz sowie Anpassungs- und Kompromissfähigkeit. Sie arbeiten schließlich nicht im Vakuum. Wer nicht mit Menschen umgehen kann, verprellt seine Kunden (m/w) und verdient kein Geld.

Als Berufsberater empfehle ich meinen Beratungskunden in Berlin daher, in der Bewerbung zu betonen, dass Ihre Auftraggeber stets mit ihnen zufrieden waren oder dass sie sogar Stammkunden gewinnen konnten. Sie können außerdem im Lebenslauf festhalten, dass sie sich sozial engagieren oder im Sportverein aktiv sind – auch dies spricht für Teamfähigkeit.

Probleme mit dem Befolgen von Anweisungen/der Unterordnung

„Nun waren Sie ja lange Ihre eigene Chefin – können Sie sich da in eine Betriebs-Hierarchie einfügen?“ Diese Frage brennt Personalern, die Selbstständige im Job-Interview vor sich sitzen haben, besonders oft unter den Nägeln.

Auch hier können Sie stimmig kontern: Verweisen Sie hier also auf Referenzen zufriedener Kunden! Diese zeigen, dass Sie den Wünschen anderer, die an Sie herangetragen werden, folgen können.

Wie Sie die Frage nach Ihren Schwächen im Vorstellungsgespräch beantworten

Die Frage nach den persönlichen Schwächen bringt viele Bewerber*innen im Vorstellungsgespräch oder Assessment Center ins Schlingern. Diese zwei Strategien helfen, sie gekonnt zu parieren.

Viele Bewerber*innen werden bei der Frage nach ihren Stärken und Schwächen nervös, wie ich bei meiner Berufsberatung in Berlin immer wieder erfahre: Sie sorgen sich, bei allzu überzeugender Darstellung ihrer Schwächen letztlich gegen sich selbst zu argumentieren. Gelegentlich kommt diese Frage übrigens auch in Form einer so genannten zirkulären Frage, die Dritte einbezieht – etwa: „Was würde Ihr bester Freund/Ihre beste Freundin sagen, wenn ich sie frage, was Ihre Schwächen sind?“ So oder so: Was tun, wenn man antworten muss, aber im Rennen um eine Stelle bleiben will?

Vorsicht mit Humor im Vorstellungsgespräch

Eine Zeit lang kursierte der Tipp, die Frage humoristisch zu parieren: „Meine Schwächen? Bei Schokolade werde ich schwach.“ Oder: „Mittags bekomme ich Hunger.“ Davon halte ich persönlich wenig. Denn solche Antworten können meines Erachtens den Eindruck erwecken, man nehme das Vorstellungsgespräch oder das Assessment Center-Interview nicht ernst.

Erste Strategie: Schwächen angeben, die Stärken sind!

Ich rate hier, vermeintliche „Schwächen“ anzugeben, die in Wahrheit Stärken sind, bezogen auf den jeweiligen Beruf bzw. das ausgeschriebene Aufgabenprofil. Wer in seinem Beruf beispielsweise viel im Freien arbeitet, etwa als Dachdecker oder Gärtner der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, der kann sagen: „Ich möchte mich körperlich betätigen und am Ende des Tages ein anfassbares Produkt als Ergebnis meiner Arbeit sehen. Den ganzen Tag in einem Büro hinter einem PC sitzen, das könnte ich nicht. Das ist eine Schwäche von mir.“

Oder: Wer eine Stelle mit viel Kommunikation bzw. Kundenkontakt anstrebt und sich zu seinen Schwächen äußern soll, der kann sagen: „Wie Sie an meinen Lebenslauf-Stationen xyz sehen, bin ich viel Kundenkontakt gewöhnt und mir macht das auch Spaß. Dagegen wäre ich auf einer Stelle, in der ich vor allem Informationen (… Texte, … Zahlen) verarbeite, etwa den ganzen Tag lang in Archiven recherchieren, fehlplatziert.“

Zweite Strategie: Umgang mit Schwächen sichtbar machen

Bei der Frage nach Ihren Schwächen interessiert Personaler*innen auch, wie Sie mit Ihren Schwächen umgehen und dass Sie sie erkennen (= Fähigkeit zur Selbstreflexion!). Eine weitere gute Strategie zur Beantwortung dieser Frage ist es daher, wenn Sie eine beruflich relevante Schwäche nennen und gleich hinzufügen, welche Strategie des Umgangs mit bzw. der Bewältigung dieser Schwäche Sie sich im Laufe Ihrer Berufspraxis zugelegt haben. Beispiel: Vielleicht gibt es bestimmte Situationen im Berufsleben, die Sie zuverlässig und wiederkehrend demotivieren. Dann beschreiben Sie diese Situation – sagen aber gleich dazu, was Sie dann konkret machen, um sich am eigenen Schopf aus dem Motivationstief zu ziehen.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Stärken-Schwächen-Fragen in Vorstellungsgesprächen? Ich freue mich über Ihren Kommentar!

Postkorb ade – Präsentation ganz vorn: Was heute im Assessment-Center auf Bewerber zukommt

Die Schwerpunkt-Bausteine von Assessment-Centern haben sich in den vergangenen Jahren verschoben. Postkorb-Übung und Gruppendiskussionen kommen seltener zum Einsatz. Interviews, Rollenspiele und Präsentationen sind heute besonders häufig. Außerdem geht der Trend zu kürzeren Assessments.

“Unser Jugendamt bittet Sie als Rekruter um Unterstützung!” So begann mein Arbeitsauftrag im Assessment-Center um die Rekruter-Stelle bei einem Berliner Bezirksamt vor vielen Jahren. Die Instruktion fuhr fort: Mehrere Sozialpädagogen-Stellen seien zu besetzen, jedoch ließe die Qualität der eingehenden Bewerbungen seit mehr als einem Jahr erheblich nach. In einem separaten Raum hatte ich 15 Minuten Zeit, eine Präsentation vorzubereiten, mittels derer ich die wartende Jury überzeugen sollte, dass ich der Richtige für die Rekruter-Stelle sei, der ideale “Sozialpädagogen-Fischer”.

Häufigste AC-Module: Interviews, Zweiergespräche und Präsentationen

Auch wenn ich mich später für eine andere Stelle entschied – meine Erfahrung aus solchen Assessment-Centern gebe ich als Berufsberater in Berlin heute gern weiter, denn: Zwei Dinge an meinem Auftrag waren hoch aktuell. Einerseits steigt der Anwendungs- bzw. Stellenbezug von Assessment-Center-Aufgaben. Andererseits ist die “Präsentation” als ein AC-Baustein mittlerweile ganz vorn. Laut “Assessment-Center-Studie 2016” des Forums Forum Assessment e. V., für die 166 Unternehmen befragt wurden, setzen 86 % der Befragten Kandidaten-Interviews im AC ein (2012: 77 %), also jenen Baustein, der dem klassischen Vorstellungsgespräch am nächsten kommt. Auf Platz 2 folgten Zweiergespräche mit 83 % und auf Platz 3 Präsentationen mit 78 %.

Zweiergespräche können bspw. Rollenspiele sein, die dann meist einen klaren Bezug zum Aufgabenprofil der ausgeschriebenen Stelle aufweisen. In einer derartigen Situation saß ich einst einem Mitarbeiter des avisierten Arbeitgebers gegenüber, der die Regieanweisung hatte, einen beratungsresistenten jugendlichen Kunden zu spielen. Diesem “Kunden” sollte ich eine berufsbezogene Beratung schmackhaft machen.

Postkorb ade …

Abgeschlagen zeigt sich heute ein Klassiker, der für viele zum Synonym für Assessment-Center geworden ist: die Postkorb-Übung. Generationen von AC-Erleidenden mussten sich im Priorisieren ihrer dienstlichen Post üben und wichtige von weniger wichtigen Eingängen unterscheiden. Für 2016 gaben nur noch 23 % der befragten Unternehmen an, ihre Bewerberinnen und Bewerber solcherart zu fordern.

Auch die von vielen Kandidatinnen und Kandidaten gefürchtete Gruppendiskussion ist auf dem Rückzug: Offenkundig empfindet eine steigende Zahl an Personalverantwortlichen sie als nicht mehr aussagekräftig genug, um das Ziel jedes Assessment-Centers zu erreichen: einen Menschen einzuschätzen, speziell im Hinblick auf seine Soft Skills.

Wachsende Bewerbermacht

Die Bausteine von Assessment-Centern verschieben sich aber nicht nur, der Trend geht zudem zu kürzeren Assessment-Centern. Zogen sich diese früher oft über mehrere Tage hin, so beschränken sie sich heute oft auf wenige Stunden. Manche Unternehmens-Rekruter räumen ein, dass sie sich in Zeiten wachsender Bewerbermacht – Stichwort demografische Veränderungen – tagelange Assessment-Foltern schlicht nicht mehr erlauben könnten.

Es gab schon schlechtere Nachrichten vom Arbeitsmarkt.

Lesen Sie auch: 8 Tipps für gelingende Assessment-Center-Präsentationen.

5 Tipps gegen Lampenfieber im Vorstellungsgespräch und im Assessment-Center

Lampenfieber kann die beste Vorbereitung aufs Vorstellungsgespräch zunichte machen. Mit bestimmten gedanklichen, aber auch ganz praktischen Strategien lässt sich das vermeiden.

Manchmal haben Sie sich noch so gut inhaltlich auf Ihr Vorstellungsgespräch oder Ihr Assessment-Center vorbereitet und geraten auf dem Weg zur Tür, hinter der die Jury sitzt, dennoch ins Schwitzen oder schlafen schon Nächte vorher schlecht. Das passiert selbst Bewerberinnen und Bewerbern mit viel Praxiserfahrung in Auswahlgesprächen – etwa dann, wenn Sie an einen Job ganz besonders stark interessiert sind. Diese Erfahrung habe ich im Rahmen meiner Berufsberatung in Berlin immer wieder gemacht. Damit Ihnen die lästige Nervosität nicht den verdienten Erfolg vermasselt, habe ich einige Tipps zusammengestellt. Diese habe ich, in den vergangenen Jahren, auch regelmäßig meinen Kundinnen und Kunden gegeben.

Wichtig dabei: Nicht jeder Tipp wirkt für Jeden! Suchen Sie sich deshalb das aus, was zu Ihnen passt; den Rat, bei dem Sie ein gutes Gefühl haben. Und probieren sie aus, ob die Strategie bei Ihnen in der Praxis funktioniert.

1.) Seien Sie pünktlich vor Ort, um nicht in knapper Zeit einen Raum suchen zu müssen. Außerdem können Sie auf diese Weise noch einen kurzen Spaziergang vor dem Gebäude machen. Wenn Sie dabei einen Park oder auch nur eine Allee streifen, umso besser: Vogelzwitschern senkt nachweislich den Puls.

2.) Machen Sie sich außerdem bewusst: Man ist interessiert an Ihnen, sonst hätte man Sie nicht eingeladen! Dass Sie gleich den Raum mit der Auswahl-Jury betreten, bedeutet, dass Sie die erste Hürde (= schriftliche Bewerbungsunterlagen) bereits genommen haben – mit Erfolg!

3.) Und denken Sie an etwas Schönes, das Sie in nächster Zeit geplant haben – und das Ihnen keine – vermeintlich noch so fiese – Assessment-Center-Jury nehmen kann. Das kann ein Ausflug bzw. Freizeit-Ziel sein, auf das Sie sich freuen. Oder ein gedanklicher “sicherer Hafen”, in dem Sie mental ankern: etwa eine traumhafte Wiese, die Sie einmal mitten in einem Wald entdeckt haben. Oder ein bestimmter Geruch, der Sie verzaubert – vielleicht jener von frisch gefällten Bäumen, wie man sie oft übereinander gestapelt an Waldwegen sieht, oder von Vanille, Zitrone, Lavendel …

4.) Manche Lebensmittel beruhigen ebenfalls – etwa Nüsse oder bittere Schokolade (mit hohem Kakao-Anteil).

5.) Manchen Coachees von mir hat es auch geholfen, sich im Stuhl vor der Jury zu Beginn des Job-Interviews noch einmal kurz die persönlichen “Pläne B” ins Gedächtnis zu rufen – also weitere, in naher Zukunft anstehende Auswahlgespräche = alternative Job-Chancen. Motto: “Wenn es hier nicht klappt,… dann eben woanders!”