Erster, Zweiter – oder Dritter Bildungsweg

Erster Bildungsweg

Der erste – reguläre – Bildungsweg endet mit dem Abschluss einer allgemein bildenden Schule (bspw. Gymnasium, Gesamtschule, Integrierte Sekundarschule) und ggf. anschließender Berufsausbildung und dem damit u. U. verbundenen Besuch einer beruflichen Schule (bspw. Berufsschule, Berufsfachschule).

Zweiter Bildungsweg

Wer zu seiner „ersten“ Schulzeit einen bestimmten Schulabschluss nicht erreichen konnte und bereits arbeitet, kann einen Schulabschluss auch berufsbegleitend nachholen. Man spricht dann vom „Zweiten Bildungsweg“. Eine vielen Berufstätigen bekannte Schulform, die dieses Nachholen bietet, sind Abendschulen bzw. Abend-Kollegs. Auf solchen Schulen können alle Abschlüsse nachgeholt werden, die auch „reguläre“ allgemein bildende Schulen bieten: bspw. Hauptschulabschluss/Berufsbildungsreife, der Mittlere Schulabschluss oder das Abitur. Hierfür gibt es Tages- und Abendlehrgänge, Teilzeit- und Vollzeit-Modelle und die Option der so genannten Nichtschüler-Prüfung. Diese auch Externen-Prüfung genannte Form bedeutet, dass man in speziellen Vorbereitungslehrgängen oder im privaten Selbststudium für seinen Abschluss lernt.

Dritter Bildungsweg

Wer ohne Abitur studiert, der beschreitet den so genannten „Dritten Bildungsweg“. Dieser steht erst seit 2009 offen, erfreut sich aber steigender Beliebtheit. Er steht „beruflich qualifizierten Bewerbern“ (m/w) offen. Voraussetzungen dafür sind meist eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie mehrjährige einschlägige Berufspraxis beziehungsweise qualifizierte Weiterbildung. Manche Bundesländer legen darüber hinaus weitere, eigene Bedingungen fest (Stichwort: Bildung ist Ländersache!) – etwa Mindestnoten bei vorausgegangenen Berufs- oder Fortbildungsabschlüssen.  

Ein Beispiel zu diesem Dritten Bildungsweg, das mir als Berufsberater in Berlin einmal begegnete: Ein Coachee verfügte über eine abgeschlossene Berufsfachschul-Ausbildung als Ergotherapeut und langjährige Berufspraxis in diesem Beruf. Da er sich weiterentwickeln wollte, begann er ein Studium „Ergotherapie“ an der TU Chemnitz. Die langjährige Berufserfahrung hatte es möglich gemacht – trotz fehlenden Abiturs (der Coachee verfügte über einen Mittleren Schulabschluss als höchsten Schulabschluss).

Eine für alle: die neue generalistische Berufsausbildung in der Pflege

Mehr Optionen, die Pflegebereiche zu wechseln, und damit breitere Perspektiven: Das war einer der Gründe, warum die Pflegeberufe 2020 reformiert wurden. Zuvor waren Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege auf Ausbildungsebene getrennt, also drei eigenständige Berufsausbildungen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass sich die Aufgaben der einzelnen Pflege-Fachgebiete oft überschneiden – auch dies ein Grund für die Zusammenführung bestimmter Lerninhalte in einer generalistischen „Grundausbildung“.

In drei Jahren zum „Pflegefachmann“ (m/w) – oder die Spezialisierung wählen

Die 2020 neu in Kraft getretene Berufsausbildung für Pflegende dauert drei Jahre. Wer diese erfolgreich durchläuft, der darf sich „Pflegefachfrau“ oder „Pflegefachmann“ nennen. In den ersten zwei dieser drei Jahre erhalten alle Azubis die gleiche, also eine generalistische Pflege-Ausbildung. Vier bis sechs Monate vor Beginn des dritten Ausbildungsjahres können die angehenden Pflege-Fachkräfte jedoch einen Schwerpunkt setzen: Wer die Ausbildung also nicht zur/zum „Pflegefachfrau“ oder „Pflegefachmann“ fortsetzen will, der spezialisiert sich im letzten Ausbildungsjahr zum „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger“ (m/w) oder „Altenpfleger“ (m/w).

Die Ausbildung ist, wie in der Vergangenheit, eine Berufsfachschulausbildung, findet also vollzeitschulisch statt. Das bedeutet, dass Azubis Theorie-Unterricht an einer Pflegeschule haben und zudem Praxis-Phasen in Pflege-Einrichtungen absolvieren.

2026 wird übrigens geprüft, ob sich die neue Ausbildungsstruktur in der Praxis bewährt hat – und somit, ob die generalistische Form erhalten bleibt.